2021-06-06 Ein langes Bienenwochenende

Die letzten drei Tage standen im Zeichen der Biene.

Am Freitag – 4. Juni – war ich bei meinem Imkerpaten. Wir wollten eigentlich die Königinnenvermehrung fortsetzen. Leider haben die Pflegebienen keine einzige Zelle angenommen. Daher war die Aktion vergebens. Wir haben ein paar seiner Völker durchgesehen. Das war mal wieder sehr spannend. Da war beispielsweise ein Volk, das eine Nachschaffungszelle gezogen hat. Die Königin war schon geschlüpft. Die alte Königin war bei der letzten Durchsicht nicht zu finden. Da jedoch Stifte in den Zellen waren, gingen wir davon aus, dass wir eine unmarkierte junge Königin suchen mussten. Wir fanden jedoch die grün markierte alte Königin. Es sieht so aus, als hätte die alte Königin die neue abgestochen. Merke: der Kampf der Königinnen ist mehr, als wenn sich zwei Frauen vor dem Dom zu Worms gegenseitig anzicken.
Mein Imkerpate hat mir wiederholt mitgegeben, dass es bei der Imkerei immer wieder die gleichen Regelkreise gibt. Der Satz scheint trivial, aber es steckt sehr viel dahinter! Bis die Imkerei Routine ist, werde ich ihn mir immer wieder ins Bewusstsein rufen.

Am Samstag – 5. Juni – kam ein Brief von der Landwirtschaftskammer. Ich habe jetzt eine Betriebsnummer.
Vormittags war ich in Rheinbach beim Imker-Lehrgang (praktischer Teil). Michael ist mit uns die Völker an einem seiner Standorte durchgegangen. Vieles habe ich schon bei meinem Imkerpaten gelernt. Dennoch war es nach einem langen Corona-Jahr sehr motivierend, mal wieder MENSCHEN zu sehen – und zwar live! Und es war der Raum da, im direkten Gespräch Erfahrungen auszutauschen.

Meine Meinung zum Thema „Bio-Honig“ hat sich im Kurs bestätigt. „Bio“ finde ich sinnvoll, wenn ich die Produkte direkt verstoffwechseln werde: Bio-Eier sind gesünder als Lege-Batterie. Bei Bienen, die nach eigenem Gusto Pflanzen im Umkreis von drei Kilometern anfliegen, habe ich als Imker überhaupt keine Möglichkeit, auf gesunde Rohstoffe zu hoffen (jedenfalls nicht als Nebenerwerbs-Imker). Die Bienen fliegen genveränderte Produkte genauso an wie gedüngte Felder, genauso wie den Bio-Acker. „Bio“ kann sich in der Imkerei eigentlich nur auf die eigene Betriebsweise beziehen: schonender Umgang mit den Bienen, Herkunft und Beschaffenheit der Hölzer usw. Ich sehe jedoch nicht, dass Bio-Honig für den Verbraucher einen irgendwie gearteten Gewinn hätte. „Bio“ kann nach meiner jetzigen (!) Einschätzung lediglich als Marketing-Argument für den unkritischen Kunden dienen. Die Praxis zeigt wohl auch, dass Kunden gar nicht nach „Bio“ fragen, sondern eher nach „Regional“: man möchte den Imker sehen und wissen, wo der Honig herkommt.

Am Sonntag – 6. Juni – habe ich mich um meine eigenen Völker gekümmert. Morgens habe ich Volk alpha mit Milchsäure besprüht. Die Königin habe ich zwar nicht gesehen, aber es waren Stifte da. Das Volk war sehr friedlich. Die Milchsäure fanden sie nicht sonderlich lustig – aber man muss ja auch nicht immer einer Meinung sein. Es war für mich ein Abenteuer, alleine an die Bienen zu gehen: Smoker an, Bienenkasten auf, alleine die Durchsicht machen. Tatsächlich sind es Handgriffe, die ich nach den vielen Besuchen bei meinem Imkerpaten irgendwie verinnerlicht hatte. Mich haben in etwa diese Gedanken begleitet:

  • Respekt vor den Tieren
  • Habe ich alles Werkzeug, das ich brauche, in greifbarer Nähe?
  • Möglichst keine Biene zerquetschen
  • Keinesfalls die Königin beschädigen
  • Werde ich die Stifte sehen?
  • Traue ich mir zu, alles, was ich sehe, richtig zu bewerten?

Abends war ich mit meinem Imkerpaten am Schwarm, also Volk bravo. Ich hatte letzte Woche den Eindruck, dass das Volk in der Futtertasche gebaut hat und dort brütet. Ich hätte die Futtertasche ausleeren müssen – und bei dieser Aktion wollte ich meinen Imkerpaten gern dabei haben. Als ich den Kasten aufgemacht habe, hat sich diese Vermutung glücklicherweise nicht bestätigt – die Futtertasche war bis auf den Mulch leer.

Auch dieses Volk hat sich sehr gut entwickelt. Es gibt junge Brut und Stifte. Ich habe das Brutnest fotografiert, weil ich es daheim in Ruhe analysieren wollte. Dabei fiel mir auf, dass in einigen Zellen mehr als ein Stift zu finden war. Dennoch hat das Brutnest ordentlich ausgesehen, so dass ich nicht davon ausgegangen bin, dass hier Drohnenmütterchen am Werk waren.

Wahrscheinlich handelt es sich um eine junge Königin, die noch übt.

Zwei Anmerkungen
Da Volk bravo ein Schwarm ist, ist die Königin vermutlich nicht markiert. Vielleicht handelt es sich um die Königin des alten Volkes. Also habe ich keinen Anhaltspunkt, wie alt die Königin ist. Wenn ich sie unreflektiert „weiß“ markiere, mache ich sie möglicherweise jünger, als sie in Wirklichkeit ist. Da ich jedoch vermute, dass die Königin bei der Ei-Ablage noch übt, hätte ich jetzt keine Bedenken, sie „weiß“ zu markieren, also mit der Farbe für 2021. Da dieses Volk ein Nach-Schwarm war, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die alte Königin mit dem ersten Schwarm weg ist. Es spricht also auch vor diesem Hintergrund viel dafür, dass die Königin in meinem Stock aus 2021 ist.

Eines habe ich noch gar nicht notiert: wenn ich von einem Imker ein (Wirtschafts-)Volk übernehme, muss ich dieses Volk mit dem Gesundheitszeugnis beim Landkreis anmelden. Da der Schwarm kein Gesundheitszeugnis dabei hatte, und mir auch keine Auskunft über seine Herkunft geben konnte, kann ich ihn ja nicht ordnungsgemäß anmelden. Auf Rückfrage teilte mir das Kreisveterinäramt mit, dass eine formlose Anmeldung (= „E-Mail“) vollkommen reicht. Die Antwort überrascht nicht wirklich; ich wollte das aber geklärt haben.

Und schließlich habe ich an diesem Wochenende noch den Unterschied zwischen Theorie und Praxis gelernt. In der Theorie müsste ich den Brutraum erweitern. In der Praxis muss das nicht gemacht werden. Völker können bei DN einzargig geführt werden. Grund: eine Königin legt maximal 2.000 Stifte am Tag. Eine Arbeiterin braucht 21 Tage bis zum Schlüpfen. Das sind also 21 * 2.100 = 42.000 Zellen für die Arbeiterinnenbrut, die gleichzeitig benötigt werden. Auf eine DN-Wabe passen 5.800 Zellen. Davon ziehe ich 10 % ab, um Platz für den Futterkranz zu haben. Dann sind immer noch etwas mehr als 5.200 Zellen auf einer Wabe. Ich komme also mit 42.000 / 5.200 = 8 Waben aus. In einer Zarge ist also ausreichend Platz für die maximal denkbare Anzahl Arbeiterinnenzellen. Ich muss allerdings berücksichtigen, dass die geschlüpften Bienen auch Platz brauchen. Also setze ich notfalls einen Honigraum auf.