2021-06-09 Schwarmbesitzer und Schwarmfänger

Als ich diesen Artikel geschrieben habe, hatte ich immer den Titel einer Komödie von Shakespeare im Kopf: Der Widerspenstigen Zähmung. Warum? Das kannst Du hier nachlesen!

Alles hat heute früh damit angefangen, dass über die Schwarmfängerhotline die Anfrage kam, wer einen Schwarm in Niederdrees einfangen kann. Ich war noch dabei zu recherchieren, wo Niederdrees überhaupt liegt, als die Rückmeldung von meinem Imkerpaten kam, dass er den Schwarm übernimmt. Vorgefunden hat er einen Schwarm, der sich an einem Ast eines Lorbeerbaums niedergelassen hat.
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Es gibt ein arabische Sprichwort, das sagt „Wenn du eine Hand nicht schütteln kannst, schlage sie ab!“. Ähnliches gilt für den Schwarmfänger: „Wenn du einen Ast nicht schütteln kannst, säge ihn ab!“ Daher gehört die Säge zum Handwerkszeug eines Imkers.
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Wenn der Ast ab ist, ist der Rest wieder Routine: Bienen in den Schwarmfangkasten schütteln, fertig!
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Dann ist alles da, wo es hingehört – nämlich die Königin samt Volk im Schwarmfangkasten.
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Spannend wurde es, als die Bienen auf der Rückfahrt im Auto den Weg nach draußen – also aus dem Schwarmfangkasten raus – gefunden haben. Mein Imkerpate hat einen Müllsack drübergestülpt und zugeklebt. Und so sah das Paket aus, als ich es abgeholt habe:
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Ich habe das Paket vorsichtig angehoben und gemerkt, dass es unter der Folie krabbelt. Daher habe ich es *sehr* vorsichtig ins Auto gestellt und zum Standort gefahren.
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Ich habe mein Werkzeug betrachtet und gesehen, dass ich bis auf eine Schere alles Nötige dabei habe.
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Als erstes habe ich den Müllsack entfernt. Dass darunter Bienen krabbeln, war für mich etwas schwierig, weil ich gefürchtet habe, die Königin zu verletzen. Außerdem war ich darauf aus, keine Biene zu quetschen oder sie zum Stechen zu bringen. Schließlich habe ich die Folie entfernt, von Bienen befreit und zur Seite gelegt. Da ich anfangs dachte, dass ich das ohne Schere schon irgendwie hinkriege, hat dieser Arbeitsschritt eine Viertel- bis halbe Stunde gedauert. Ich hätte besser eine Schere holen sollen!
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Die Bienen haben sich an sämtlichen Einzelteilen des Schwarmfangkastens festgesetzt. Ich habe die Bienen in die Beute abgekehrt und nicht mehr benötigtes bienenfreies Material an den Eingang des Gartens gelegt – in großer Entfernung.
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Anschließend habe ich die Bienen in beiden Kammern der Kiste eingesprüht und wollte sie in die Beute kippen. Ein Teil ist tatsächlich wie ein Klumpen nasser Sand reingefallen. Der größte Teil ist auf dem Boden neben der Beute gelandet. Und eine große Masse Bienen war immer noch im Schwarmfangkasten. Ich hatte auf einmal mehrere Bienenmassen, die in den Stock müssen. Bzw. mehrere Bienenmassen, in denen sich möglicherweise die Königin versteckt hat. Ich entschied, erstmal den Schwarmfangkasten von Bienen zu befreien. Also habe ich nochmal Wasser gesprüht, die Bienen diesmal aber nicht aus dem Kasten gekippt, sondern auf den Deckel gekehrt, und dann den Deckel in die Beute gekippt. Das ging so leidlich. Ich habe den Vorgang mehrmals wiederholt, bis der Kasten bienenfrei war. Ich habe ihn zu dem anderen Material in gehöriger Entfernung gestellt.

In der Zwischenzeit haben andere Bienen einen Stapel Bodenplatten als Höhle erkannt und sich dort versammelt.
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Ich habe sie eingesprüht, zusammengekehrt und portionsweise in die Beute gekippt. Dann habe ich einen Stich ins Knie bekommen. Warum ins Knie? Keine Ahnung! Mit dem Knie habe ich mich am wenigsten hektisch bewegt. Ich habe jedenfalls knapp eine Stunde Bienen zwischen den Bodenplatten vorgeholt. Es hatte knapp 30^ C, und ich war in meinem Anzug regelrecht am Kochen. Wasser hatte ich keines dabei und seit einem frühen Mittagessen nichts mehr gegessen. Gute Voraussetzungen also, um ruhig und überlegt arbeiten zu können. Ich musste Pause machen!

Da immer noch viele Bienen in der Luft schwirrten, wäre eine Pause sicher das beste, um auch den Tieren die Gelegenheit zu geben, zur Ruhe zu kommen, und sich zu sammeln. Ich wollte die Pause nutzen, um den Schwarmfangkasten zu meinem Imkerpaten zurückbringen, damit der schon mal bei seinem Eigentümer ist – und vor allem mir aus den Füßen. Der Kasten stand am Eingang des Gartens in größerer Entfernung. In der Zeit, in der ich mit den Bienen zwischen den Bodenplatten gekämpft habe, sind zahlreiche Bienen zurück zum Schwarmfangkasten geflogen. Mein einziger Gedanke: Die machen doch den Affen mit Dir! Ich habe ihn zurück zur Beute getragen und erneut portionsweise ausgekehrt. Nach einer weiteren halben Stunde bin ich zum Auto gegangen, habe den Kasten in den Kofferraum gestellt und zu meinem Imkerpaten gefahren.

Nach einer Stunde Pause und einer Flasche Wasser sah es auch am Bienenstand sehr viel freundlicher aus. Die Bienen waren fast alle in der Beute verschwunden. Einige Bienen hingen an der Varroa-Schublade und wollten offensichtlich in die Beute rein. Ich konnte sehen, dass einige Bienen durch das Flugloch in die Beute gekrabbelt sind. Ich durfte also davon ausgehen, dass die Königin drin ist. Ich habe den Bienen eine Futtertasche gegeben und sie erst einmal in Ruhe gelassen.
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Insgesamt war das eine Aktion, die recht viel Energie gekostet hat, und bei der ich ziemlich an meine Grenzen gegangen bin. In meiner Heimat heißt es: „Da weiß man, was man g’schafft hat“. Ich will nicht auschließen, dass ich bei der Arbeit in einem Flow war. Mir soll das jedenfalls eine Lehre sein, bei den gegenwärtigen Temperaturen immer Wasser mit an den Bienenstand mitzunehmen – eine Aufgabe kann länger dauern als erwartet. Ich werde auch nochmal über die Organisation der Arbeit nachdenken: wenn ich Material bienenfrei habe, werde ich es gleich ins Auto stellen. Und wenn Material fehlt – heute: die Schere – werde ich es holen.

Trotz aller Mühe war es schön, am Ende des Tages zu sehen, dass die Bienen den Kasten angenommen haben und Ruhe eingekehrt ist.
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Ich bin nun Besitzer eines dritten Volkes. Es ist das „C“-Volk, also „Charly“. Und so werde ich es in meiner Stockkarten-App anlegen.

Ich möchte noch einmal kurz auf die „Zähmung der Widerspensigen“ zurückkommen. Auf die Unterwerfungsrede der Königin habe ich natürlich vergebens gewartet. Ich sehe es eher so, dass die widerspenstigen Bienen und ich einen guten Kompromiss gefunden haben, wie wir alle gut miteinander leben können.